26
Jan
2013

Eltern

Heute Vormittag klingelte das Telefon, während ich gerade dabei war, mein Vollbad vorzubereiten. Mein Vater war dran, um mir zu sagen, dass seine Frau (meine Stiefmutter) Probleme mit ihrem Notebook hätte. Ich war erst etwas genervt, weil diese Anrufe relativ häufig sind und es meist schwierig ist, telefonisch zu beschreiben, was zu tun ist, um das Gerät wieder flott zu machen. Sie sind halt beide nicht mehr die Jüngsten ...

Doch als ich dann, mit einer Einladung zum Mittag am morgigen Sonntag, in der wohlig heißen Badewanne lag, hab ich noch einmal darüber nachgedacht. Mein Vater wird in diesem Jahr 73. Unser Verhältnis gestaltete sich sehr wechselhaft. Während meiner Kindheit war es sehr angespannt, nachdem meine Stiefmutter bei uns einzog. Danach hab ich mich ziemlich zurück gezogen und unsere Beziehung war über viele Jahre hinweg recht distanziert. Doch nach meiner Trennung im Jahre 2007 war er immer für mich da, wenn ich ihn brauchte, hat mich unterstützt, wo er konnte, macht sich noch heute Sorgen, weil der arme Sohn allein durchs Leben geht, und hat mich nun auch wieder zum Essen eingeladen, weil er meint, ich würde zu Hause verhungern. :-)

Er würde es sehr gern sehen, wenn ich wieder eine Frau an meiner Seite hätte. Da sich das zurzeit nicht abzeichnet und keinerlei "Fortschritte" zu erkennen sind, freue ich mich zumindest, dass ich ihm mit meinen beruflichen Fortschritten eine Freude machen kann. Es gibt doch nichts Schöneres, als von seinen Eltern auch in diesem Alter noch in den Arm genommen zu werden und zu hören, dass sie sehr stolz auf einen sind ...
Und wenn ich an diese Momente denke, dann frage ich mich, wie lange ich das noch genießen kann. Mein Vater ist zwar nicht sterbenskrank, aber die Zipperlein häufen sich mittlerweile, und wer kann sagen, ob es nicht ganz plötzlich zu Ende ist? Und dann möchte ich nicht da stehen und mir vorwerfen, dass ich zu Lebzeiten so viele Gelegenheiten hab verstreichen lassen, um ihn zu besuchen.

Und so freue ich mich, Frostwetter hin oder her, dass ich für morgen zugesagt habe und wir wieder ein paar Stunden gemeinsam verbringen werden, essen, erzählen, und natürlich das Notebook wieder in Ordnung bringen.
perlentaucherin - 26. Jan, 19:56

man bleibt halt irgendwie...

immer das kind seiner eltern, oder?
schön dass du das auch wertschätzen kannst und es guten kontakt zwischen euch gibt.
eltern und kinder haben es ja nicht immer leicht miteinander, das weiß ich aus eigener erfahrung, teils als tochter, teils als mutter.
auch ich bin inzwischen sehr dankbar für das zu mir stehen meiner mutter und kann es, hoff ich, gut weitergeben.

Herr B. - 26. Jan, 20:01

Es gab eine Zeit, in der ich meinen Vater ziemlich vernachlässigt habe. Das war sicherlich eine Reaktion auf unser Verhältnis während meiner Kindheit. Da fühlte ich mich ziemlich von ihm allein gelassen. Vielleicht sollten wir darüber irgendwann noch einmal sprechen - oder lässt man solche Dinge nach 30 Jahren dann lieber ruhen?
In jedem Fall bin ich heute froh, dass ich ihn habe, und es wird sehr schmerzhaft werden, wenn der Tag kommt ...
Alltagslaunen - 26. Jan, 20:42

Es ist doch schön, wenn man auch im Erwachsenenalter manchmal ein bißerl umsorgt wird ;)
Wenn es dich immer noch beschäftigt, was damals in der Kindheit schief gelaufen ist, würde ich es mal vorsichtig ansprechen. Nicht als Vorwurf oder so, eher in Richtung "schön, dass wir uns heute so gut verstehen, weil damals als Kind hab ich mich etwas allein gelassen gefühlt..." Wenn es denn wirklich (hoffentlich erst in vielen Jahre, aber trotzdem) mal zu Ende gehst, bereust du vielleicht, nie darüber geredet zu haben. Du wirst ja deinen Vater so gut einschätzen können, um zu wissen, wann "der richtige Zeitpunkt" da ist :)

Herr B. - 26. Jan, 20:48

Eigentlich hab ich damit inzwischen, nach so vielen Jahren, abgeschlossen. Es gibt aber Momente, in denen ich mich frage, wie er damals die Zeit empfunden hat. Vielleicht sehe ich es ja ganz anders als er? Allerdings gäbe es wenige Augenblicke, in denen ich diese Fragen stellen könnte, denn wir sehen uns ja immer bei ihm zu Hause, und da sind wir nun mal nicht unter vier Augen. Also mal sehen ... Ganz so wichtig ist mir die Frage inzwischen nicht mehr. Selbst wenn er aus dieser Zeit noch ein schlechtes Gewissen gehabt hat, dann wäre das bis heute ganz sicher nicht mehr nötig :-)
UtaR - 26. Jan, 21:07

Du hast Recht, gerade hat mir eine Bekannte, die ich sehr mag, gesagt, dass ihr Vater vor ein paar Tagen gestorben ist. Offenbar war er erst zu Beginn des Jahres in Rente gegangen :-(. Sie hatten wohl eine schöne Beerdigung, viele, sehr viele sind gekommen und haben geschrieben.... Ich muss gleich mal meine Eltern anrufen.

Ich habe einmal die erstaunliche Erfahrung gemacht, zwei Wochen mit meiner Mutter in ungewohnter Umgebung verbracht zu haben, wobei wir ganz wundervolle, ungewohnte Gespräche hatten, die mir meine Mutter und viele Dinge die ich so als Kind erlebt habe mal in einem ganz anderen Licht gezeigt haben.... haben uns an lang vergessene Dinge erinnert, Fragen gestellt. Ist lange her, war gut.

Eine Freundin hat mal beschrieben wie Ihr damals 4-jähriger Sohn verwundert war, dass Sie Zeitung lesen kann :-).... da sie bis dato dazu selten Zeit hatte. Dabei hatte sie (sie war etwas geschockt) viele interessante Sachen gemacht (mittlerweile wieder, mit viel Enthusiasmus) und kann mehr als Zeitung lesen :-).
Möglicherweise weiß man vieles gar nicht von seinen Eltern.

Es ist auch faszinierend wie unterschiedlich sogar Familienmitglieder Situationen erleben können oder auch in Erinnerung haben. Ich glaube es lohnt sich auf jeden Fall über Dinge, die einem wichtig sind zu reden, wenn man einen passenden Augenblick findet.

Herr B. - 26. Jan, 21:25

Hallo Uta :-)
Vielleicht ergibt sich so ein Moment tatsächlich mal. Ich bin auch nicht ganz sicher, ob er sich bei manchen Themen öffnen würde, ist ja schließlich ein Mann ;-) Aber einen Versuch wäre es vermutlich wirklich wert. Und es kann gut sein, dass ich so Manches erfahren würde, was ich vielleicht bis heute nicht weiß oder auch ganz anders gesehen habe. Wie oft hat man sich denn wirklich mal die Zeit genommen oder sie gefunden, wirklich in Ruhe zu reden und sich auszutauschen? Ich kann mich gar nicht erinnern, wann das zuletzt der Fall war. Ich glaube, dabei haben wir über die Zeit gesprochen, als meine Mutter gegangen ist ... Ich tue mich allerdings schwer damit, mit ihm zu reden, wenn meine Stiefmutter dabei ist.

Aber Du hast Recht, es lohnt sich bestimmt. Und wer weiß eben, wie lange es noch möglich sein wird. Vielleicht kann ich ihn mal besuchen, wenn er allein ist, und einen Männernachmittag machen ;-)

Zu meiner Mutter hab ich übrigens inzwischen seit Jahren keinen Kontakt mehr, und das stört mich auch überhaupt nicht ...

Liebe Grüße!
alex_blue - 27. Jan, 13:36

Vielen Dank für Deine Gedanken dazu!

Ich muß immer wieder aufpassen, daß ich nicht zu abweisend bin (weil sie mich mal wieder nerven), mir immer wieder vor Augen führen, daß sie mich/uns jederzeit unterstützen würden, wie sie es zB. bei der Wohnungsrenovierung+Umzug getan haben.
Und, genau wie Du schreibst: wer weiß, wie lange das noch sein wird. Sie sind beide über 70, zwar eigentlich noch fit, aber man weiß ja, das sich sowas leider recht schnell ändern könnte.

Herr B. - 27. Jan, 18:01

Im vollgepackten Alltag gehen solche Gedanken leider zu oft unter, man muss sie sich wirklich immer wieder bewusst machen. Ansonsten ist es vielleicht wirklich irgendwann zu spät. Und wenn man, wie ich auch heute wieder, die Freude und Wärme spürt, mit der man zu Hause empfangen wird, dann ist das jede Mühe wert.
Hoffentlich kann ich das noch ein paar Jahre lang erleben.
alex_blue - 28. Jan, 16:46

Ich hab gleich gestern Abend angefangen, und länger mit meiner Mama telefoniert und versucht, bloß keine Genervtheit o.ä. an den Tag zu legen. Hat glaub ich, ganz gut geklappt. Und ich fühle mich damit ja auch deutlich besser, also ne win-win-Situation :-)
Herr B. - 28. Jan, 16:50

Das freut mich sehr, Alex. :-)
Es ist im Grunde meist ganz einfach und kostet nicht viel Zeit, und doch tut man sich oft so schwer damit ...
UtaR - 27. Jan, 22:03

Danke, dir auch ganz herzliche Grüße zurück :-).

Hab noch viele nette Erlebnisse und Gespräche mit deinem Vater! Das wünsche ich dir jedenfalls. Mir fallen spontan ehrlich gesagt mehrere Männer ein, mit denen man prima über private Dinge reden kann :-).

Ich glaube es ist immer etwas Einschneidendes seine Eltern zu verlieren, egal wie alt man ist und egal wie das Verhältnis war... diese Erfahrung darf meinetwegen gerne noch vertagt werden. Aber es stimmt, oft ist das Verhältnis eingefahren, selbstverständlich...sehr schöne Anregung von Dir :-).

Herr B. - 27. Jan, 22:11

Danke Dir für die guten Wünsche und die lieben Grüße, Uta! Ich wünsche mir das auch, und nach jedem Besuch ist dieser Wunsch wieder um so stärker. Familie kann eben wirklich etwas sehr Schönes sein.

Ich kenne auch nette Männer zum Reden - zum Beispiel beim Kaffee in Berlin ;-)
UtaR - 28. Jan, 21:23

;-) Ach so? Sowas in der Art dachte ich mir auch schon.

Es fahren gerade alle (naja fast) nach Berlin nur ich nicht, buäh...aber wer weiß ...

Herr B. - 28. Jan, 21:28

Und das lässt Du Dir gefallen? Gibts ja gar nicht! :-)
Na, mein Angebot bleibt erhalten ... Außerdem steht schließlich noch eine Antwort aus *g*
oberansicht - 1. Feb, 23:50

habe ähnliche gedanken, mein vater ist allerdings schon 85 .....

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