2
Jun
2009

Der richtige Zeitpunkt

Jeden Morgen, kurz vor fünf Uhr, wenn ich beim Aufstehen bin, läuft im Radio ein Spot mit dem Slogan "Mach's mit!". Ihr wisst schon ... Dabei habe ich mich neulich gefragt, wann der Zeitpunkt gekommen ist, mit meinem Sohn darüber noch einmal zu sprechen. Sicher, in der Schule erfährt man darüber etwas, er selbst hat mich auch schon angesprochen ("Muss man das Ding die ganze Nacht tragen?"), aber es wird der Tag kommen, wo die Benutzung eines Kon*doms angezeigt ist. Momentan kann ich mir das noch gar nicht vorstellen, denn mit seinen knapp 12 Jahren wirkt er größtenteils noch sehr kindlich, wenn man mal davon absieht, dass er immerhin schon neun Monate mit seiner Freundin zusammen ist und auf dem Schulhof angeblich schon geknutscht wird *g*
Wann also sollte man das Gespräch suchen, ohne, dass es ihm peinlich ist, er aber doch versteht, worum es geht und worauf es ankommt? Oder ist es besser, immer mal wieder in irgendeiner Form "nebenbei" das Thema zu streifen? Eines Tages könnte es zu spät sein ...
Kratzbürste - 2. Jun, 14:31

Schwierig. Ich würde die Nebenbei-Variante wählen. Oft machen die Kids doch dicht, wenn man versucht mit ihnen über etwas ernstes zu reden.

Herr B. - 2. Jun, 14:46

Das ist gut möglich. Das Warten darauf, dass er mich anspricht, macht vermutlich wenig Sinn, weil sich die Kids heutzutage die Infos woanders holen, und das Belehren (womöglich mit erhobenem Zeigefinger) macht genauso wenig Sinn. Also werde ich es wohl immer mal wieder so völlig aus "Versehen" mal ansprechen ... Mehr kann man vermutlich nicht tun.
goldfederchen - 2. Jun, 17:39

Es ist ganz wurscht, ob Du es nebenbei erwähnst oder konkret ansprichst: es wird ihm immer peinlich sein und er wird Dir jedes Mal genervt sagen, Mensch Papa, das weiß ich doch schon alles.
Ich spreche da aus Erfahrung.
Ich habe es angesprochen, wenn wir irgendwo etwas im Fernsehen gesehen haben, wo es um Teenager-Schwangerschaften ging oder ähnliches. Da habe ich dann auch schon mal eine Banane oder eine Gurke zur Hilfe genommen ;-) und praktische Übungen durchgeführt. Allerdings hatten beide das zu diesem Zeitpunkt auch schon in der Schule gemacht.
Das ist ein schwieriges Thema ;-)

Raine - 2. Jun, 20:01

Anscheinend spricht er dich ja schon ab und an auf das Thema an. Beim nächsten mal kannst du ja einfach sagen, dass er gerne mal zu dir kommen kann, wenn er Interesse hat, und ihr bei einem Männerabend über so etwas sprecht. Soll heissen DVD gucken und Pizza essen oder sowas und nebenbei mal über Frauen reden. Vielleicht ist es dann nicht so peinlich für euch beide. ;-)
So kann er selber entscheiden, wann und ob er mit dir darüber reden will, und du musst ihm nicht aus heiterem Himmel ein Gespräch aufdrängen.

Wäre mein Vorschlag, als völlig unerfahrene Kinderlose. :-)

Herr B. - 3. Jun, 07:49

Nebenbei mal über Frauen reden ... :-) Im Moment ist es für ihn, glaube ich, ohnehin schwierig, sich diesem Thema zu nähern. Da stürmt eine ganze Menge auf ihn ein an neuen Gefühlen und "anderen Veränderungen". Da mussten wir ja alle durch, ist halt wirklich nicht einfach. Ich will ihn auch nicht bedrängen, schon gar nicht belehren. Und, wie gesagt, für den Moment sehe ich auch noch nicht akuten Handlungsbedarf. Aber wer weiß schon, wie schnell sich das ändert. Und nächste Woche ist Klassenfahrt *fg*

bartynova - 3. Jun, 09:39

Ich stimme dem oben gesagten zu: es ist immer peinlich, egal ob nebenbei, zu "gegebenem Anlass", offiziel - lass dein Bauchgefühl entscheiden, würde ich vorschlagen.
Wenn ich an meine Eltern denke... ojeoje, die Armen. Da kamen ein paar verschwiemelte Andeutungen, Sekt bei der ersten Mentruation - vom Vater ausgehend wohlgemerkt, nicht von der Mutter, die wusste überhaupt nicht, wie sie damit umgehen soll, dass sie "sexuelle Konkurrenz" im eigenen Haushalt bekam...
So rückblickend würde ich mir wünschen, sie hätten ein offenes, nüchternes Gespräch geführt unter Zuhilfenahme einer Gurke :-)

Kratzbürste - 3. Jun, 10:33

Ihr habt mit Sekt drauf angestossen??? *g*
Meine Eltern haben sich da ja erfolgreich drum gedrückt. Wird ja eh alles in der Schule angesprochen. Das dachten sie sich wahrscheinlich. Naja, aus mir ist ein Mensch geworden, der sehr verantwortungsvoll mit dem Thema umgeht.
goldfederchen - 3. Jun, 10:35

Ich bin damals mit meiner Tochter alleine Essen gegangen. Wir haben das sehr genossen und ausgiebig gefeiert, dass aus dem Kind nun eine Frau geworden ist. Zumindest biologisch ;-)
Herr B. - 3. Jun, 10:55

Dass man dieses Ereignis feiert, ist mir auch neu. Aber warum nicht. Nur schade, dass es für Jungs nichts Vergleichbares gibt ;-)
Ich denke auch, dass ich spontan entscheiden muss, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Mit Zwang und Plan macht es kaum Sinn, aber vielleicht kommt irgendein Gespräch mal in diese Richtung oder man sieht mal was im TV und kann das eigene Thema dann dahin lenken.
Bleibt dann immer noch die Frage, ob er sich darauf einlässt. Momentan ist alles ein Problem, ich darf nicht mal hinschauen, wenn er sich auszieht ...
kittykoma - 3. Jun, 11:29

ganz pragmatisch: pack ihm kleenex auf den nachttisch, damit ihm die feuchten träume nicht peinlich sind. daran merkt er, daß du mitdenkst, ohne dich aufzudrängen.
mit 12 ist das ohnehin alles noch im theoretischen bereich. da wird mal geknutscht oder "trockenschwimmen" geübt. daß das angeblich bei den jugendlichen so früh anfängt, halte ich für sensationshascherei der medien. es hat schon immer frühstarter gegeben. das sind meistens mädchen auf der suche nach aufmerksamkeit und zuwendung. daß hier und da mal mit 13 ein junge "plattgemacht" wird, passiert auch, aber dann ist der weibliche part zumeist erfahrener und wird den teufel tun, nicht zu verhüten.
ich halte es für wesentlich wichtiger, den mix aus geborgenheit und vertrauensvollen freiheiten gut zu dosieren. dann wird er nicht auf die idee kommen, sich über s*x zu profilieren und erwachsen zu machen. (und das betrifft nicht nur zu frühen und verantwortungslosen s*x, sondern äußert sich in einer peergroup, einem millieu, das auch sonst verantwortungslos agiert.)
die schule leistet eine menge aufklärungsarbeit, die fragen, die er dir stellt, müssen ernst genommen werden, aber ich glaube, das große "wir müssen mal drüber reden" geht nach hinten los und ist dem armen kerlchen nur endlos peinlich.

Herr B. - 3. Jun, 11:44

Ich kenne seine aktuelle Freundin nicht persönlich, weiß nur, dass ihre Eltern sehr streng sein sollen. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei mal dahin gestellt. Auch trägt die gesittete Dorfatmosphäre mit fast ausschließlich sehr angenehmen und oft wohlhabenden Familien ein wenig zum angenehmen "Klima" bei. In jedem Fall bilde ich mir ein, dass wir unser Kind bisher so erzogen haben, dass er es nicht nötig hat, sich über S*x profilieren zu müssen oder seine Coolness heraus zu stellen. Die Sache mit dem Vertrauen ist vielleicht etwas kritisch, da er auch immer daran glaubte, ich würde ihn nie verlassen und meinen Auszug ein Stück weit als Vertrauensbruch ihm gegenüber definiert. Aber ich hoffe, dass er mit anderen Themen trotzdem noch zu mir/uns kommt. Und je weniger Gewicht man auf dieses eine Thema legt, desto besser wird es sein. Ich habe nur Sorge, dass man die "entscheidenden Signale" nicht wahrnimmt und gar nicht oder nicht ausreichend reagiert.
Übrigens habe ich damals von meinem Vater eine Broschüre bekommen, die ich lesen sollte - das war meine Aufklärung.
kittykoma - 3. Jun, 12:06

ich glaube, du bist für deinen klienen großen ganz wichtig. auch wenn du nicht immer da bist. und gerade in der pubertät, wenn sich kinder kritisch gegenüber ihren bezugspersonen verhalten, können abwesende väter ein wichtiger anlaufpunkt sein. und er vertraut dir, sonst hättest du diese ganzen kleinigkeiten garnicht schreiben können.
Herr B. - 3. Jun, 12:14

Ich hoffe sehr, dass er mir vertraut. Es ist mir wichtig, mich als ständigen Ansprechpartner neben seiner Mutter zu sehen, zu der man eben mal gehen kann, wenn man das Gefühl hat, dort eher verstanden zu werden. Das darf allerdings kein gegenseitiges Ausspielen werden.
Seine Verlustängste sind seit der Trennung sehr, sehr groß, daher soll er nicht auch noch das restliche Vertrauen in seine Eltern verlieren. Gestern wollte er mich ganz oft drücken. Komisches Gefühl, da sich inzwischen die Phasen häufen, in denen man lieber cool sein will ...
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