25
Feb
2009

In allen Zeitungen

Gerade habe ich gelernt, was eine Verdachts-Kündigung ist. Hier in der Stadt (und darüber hinaus?) wird nämlich heftig in allen Medien darüber diskutiert, ob der Rauswurf der Angestellten an der Kasse, die Bons im Wert von einem Euro und dreißig Cent in die eigene Tasche gesteckt hat, gerechtfertigt sei. Bei der erwähnten außerordentlichen Kündigungsart wird anhand objektiver Tatsachen vom Verdacht einer strafbaren Handlung ausgegangen, wodurch das Vertrauensverhältnis dauerhaft gestört ist.
Es spricht im speziellen Fall offenbar vieles dafür, dass es sich um eine bewusste Handlung und nicht um ein Versehen handelte. Bleibt die Frage, ob man wegen der Höhe des Schadens den Vorfall als Bagatelle auslegen kann. Mitleid kann vor dem Gesetz nicht geltend gemacht werden, und Straftat ist Straftat. Punkt. Oder doch nicht?
momente - 25. Feb, 08:27

Man kennt nicht die genauen Hintergründe. Aber 1,30 Euro wäre für einen Arbeitgeber bestimmt kein trifftiger Grund, wenn er die Kassiererin nicht so wie so hätte los werden wollen. Jemand, der seine langjährige Mitarbeiterin zu schätzen weiß, wäre bestimmt nicht vor das Gericht gezogen, sondern hätte sie mal kurz zur Seite genommen und mit ihr geredet.....

alex_blue - 25. Feb, 08:42

Die Begründung finde ich sehr gut und nachvollziehbar.

Ich denke auch, daß der Laden nicht die erwartbare negative Presse in Kauf nimmt, wenn es rein um 1,30 EUR gehen würde.

Ich hab aber bisher auch keine Details dazu vernommen, sondern nur die rein plaktive Berichterstattung darüber.
Herr B. - 25. Feb, 08:46

Vielleicht bin ich da durch meine Ex, die in einer Bank gearbeitet hat, etwas "negativ" vorbelastet, aber für mich stellt sich schon die Frage (vorausgesetzt natürlich, die Vorsätzlichkeit der Handlung ist nachgewiesen), welche Konsequenzen so ein Diebstahl haben sollte. Ein erhobener Zeigefinger ist wohl zu wenig, aber vielleicht hätte eine Abmahnung gereicht, wenn man ihre bisherigen Leistungen mit in ein Urteil einbezieht?
Geklagt hatte im Übrigen die Angestellte gegen die Kündigung. Das Gericht hat nun, bereits in zweiter Instanz, ganz klar für den AG entschieden.
Elisabetta1 - 25. Feb, 08:42

und wie ist die relation....

.....zu den bankmanagern, die in der letzten zeit millionen in den sand gesetzt haben, dafür noch eine ordentliche abfertigung lukrieren konnten und von strafanzeige, hinausschmiß oder derartigem, konnte ich in den medien nichts vernehmen?
na ja, gleiches recht für alle und manche sind halt gleicher als gleich ;-((((((

alex_blue - 25. Feb, 08:46

Hier vergleichst Du Äpfel mit Birnen. Ich kann verstehen, daß man gefühlsmäßig hier Vergleiche zieht (geht mir ja auch so), aber juristisch und formal liegen die Sachverhalte völlig anders.
Sollten Banker tatsächlich illegal gehandelt haben, so wird das angegangen, hier bei uns ist das so und es werden diverse Dinge geprüft. Ist halt nicht so medienwirksam, kann man halt nicht so ne tolle Story drauß machen wie die der "armen kleinen sicher unschuldigen Kassiererin".
Nunja.
Herr B. - 25. Feb, 09:04

@Elisabetta: Mein erster Gedanke war genauso. Aber ich gebe Alex Recht, dass wir hier durch die Medien manchmal wirklich einen objektiven Blick verlieren.
Es geht um völlig verschieden Ligen, in denen da gespielt wird. Weil "da oben" mit ganz anderen Summen hantiert wird, erscheinen uns solche Fälle als besonders skandalös und beschämend. Natürlich lässt sich auch hier vortrefflich streiten, ob immer die richtigen Schuldigen gefunden werden und ob die Strafen gerecht sind. Doch diese Frage muss sowohl bei 130 Millionen als auch bei 1,30 EUR erlaubt sein. Ich würde mir an dieser Stelle bei beiden keine Urteil erlauben wollen, weil ich die Hintergründe nicht kenne, aber es verkauft sich natürlich toll, wenn man auf der Titelseite schreibt, dass jemand wegen so einer kleinen Summe rausgeworfen wird ...
Elisabetta1 - 25. Feb, 08:56

schon richtig, daß hier...

... äpfel und birnen zur diskussion gebracht werden, aber..... wie sehen denn solche gerichtsverhandlungen und darauffolgende urteile wirklich aus? die besten rechtsanwälte werden eingesetzt um die *armen* manager zu verteidigen, wehe es ergibt sich
nur ein klitzekleiner formalfehler, schon ist die monatelange ermittlung und der prozess für hinfällig erklärt und das ganze wird neu
aufgerollt ---> so lange, bis die andacht der medien und der bevölkerung nachlassen und das ganze dann im sande versickert.
wir hatten gerade in unserer stadt schon zwei banken, bei denen sparer ihr geld verloren und die manager auf freiem fuß den gerichtssal verlassen konnten.

Herr B. - 25. Feb, 09:14

Das ist das eigentlich Unfaire daran - die Herren (und Damen) mit Geld, viel Geld, haben natürlich andere Möglichkeiten, sich zu wehren. Doch auch hier stellt sich natürlich die Frage, in wieweit man nun diesen einen Manager für das Versagen einer ganzen Bank verantwortlich machen kann. Klar, er trägt die Verantwortung, doch gerade bei einer Bank gibt es so komplexe Strukturen, dass es fast unmöglich sein dürfte, die Schuld an einer Person fest zu machen.
Das soll bitte keine Entschuldigung für den all zu leichtfertigen Umgang mit unserem Geld sein. Hier müssen sich sicherlich alle Banken an die eigene Nase fassen und ihre gesamten Abläufe und Verfahren kritisch unter die Lupe nehmen. Aber ich kann halt auch nicht, mit dem Blick auf die Großen, die Kleinen nun laufen lassen.
claudi_stern - 25. Feb, 12:32

also ich stecke da natürlich wie jeder andere auch, nicht wirklich drin. aber mit welchem vorsatz soll eine kleine kassiererin, die seit 30 jahren dort arbeitet, 1,30 Euro unterschlagen? (jetzt mal vorausgesetzt, sie ist nicht schon vorher unangenehm aufgefallen). würde man für so einen betrag seinen job aufs spiel setzen? eher nicht.
hatte auch gestern abend bei kerner reingezappt. betroffene kassiererin war anwesend, ebenso ihr anwalt (ein nerviges, wenn auch nicht ganz verkehrtes etwas ;)) und die anwältin des besagten arbeitgebers. und anhören konnte ich mir nur das gerede von letzterer nicht wirklich. das war ein drumrum- und rausreden. und für mich bleibt auch nur eine frage: warum die mitarbeiterin nicht zur seite nehmen? zur not eine abmahnung...und wenn sie sich nicht einsichtig zeigt oder sonst negativ auffällt, kann man immer noch die harten juristischen geschütze auffahren.

Herr B. - 25. Feb, 12:46

Hättest Du doch mal besser aufgepasst und mich jetzt aufklären können. *g* Ich hab nämlich nur die trockene Mitteilung in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten gelesen, und da stand halt nur das Urteil samt Begründung. In den Klatschblättern wiederum steht sicher was Anderes, da kenne ich nur die Titelseiten aus der Bahn :-) Daher erscheint mir das alles - bei dem Betrag - entweder als Dummheit dieser Angestellten, als Wiederholungsfall bei der Mitarbeiterin, der jetzt aufgeflogen ist, oder im schlimmsten Fall vielleicht doch als abgekartetes Spiel vom AG.
Doch darüber hat das Gericht ja nicht zu urteilen. Es kann sich nur an der Sachlage orientieren. Und die lässt in dem Fall keine Bagatelle zu: Wenn Unterschlagung und deswegen Kündigung, dann spielt nach dem Gesetz die Höhe der Summe keine Rolle, die Kündigung mag dann zwar als Maßnahme des AG überzogen sein (darüber kann man sicher streiten), rein rechtlich dürfte es aber daran nichts auszusetzen geben (denke ich als Laie).
Herr B. - 25. Feb, 13:07

Inzwischen gibt es zahlreiche Internetseiten dazu. Hintergründe der rechtlichen Seite findet man u. a. hier:
http://www.focus.de/karriere/arbeitsrecht/kuendigung/verdachtskuendigung-der-job-am-seidenen-faden_aid_374508.html

Und heiß diskutiert im Anschluss an einen Artikel bei der "WELT-online" zur Kerner-Sendung hier:
http://www.welt.de/fernsehen/article3268609/Kerner-kaempft-fuer-die-entlassene-Kassiererin.html

claudi_stern - 25. Feb, 13:42

naja nur eins noch dazu. das erste mal davon gehört habe ich bei anne will als es um die mitarbeiter-unwürdigen arbeitsbedingungen bei discountern ging. und der gewerkschaftshintergrund der frau scheint nicht ganz uninteressant in diesem fall zu sein.
Herr B. - 25. Feb, 14:00

Es ist in jedem Fall ein heißes Eisen und vermutlich wird man noch ein Weilchen davon lesen und hören ...
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