18
Feb
2009

Keine Argumente

Gestern habe ich, wie jeden Abend, mein Kind angerufen. Unser Gespräch wurde mehrfach unterbrochen, weil er gerade mal wieder Zoff mit seiner Mutter hatte. Nachdem das dann endlich erledigt war, hat er mir versucht zu erklären, was der Auslöser war. Ich bin mir ganz sicher, dass ein Kind in seinem Alter bestimmt nicht "ohne" ist und die eine oder andere Bemerkung fallen lässt, die Eltern zur Weißglut treiben können. Aber genauso sicher weiß ich, dass Gründe, die er mir genannt hat, nicht aus der Luft gegriffen sind - es sind genau die Dinge, die mich bei meiner Ex auch maßlos geärgert haben. Und so höre ich eigentlich mich selbst sprechen .... Konnte ich mich schon nicht wehren, fällt es einem Kind natürlich noch schwerer. Was also soll ich ihm sagen, ohne Stimmung zu machen und ihn zusätzlich gegen sie aufzubringen?
Ich habe daher nur gemeint, er müsse doch mit seiner Mutter zusammenhalten und wisse schließlich auch, dass er manchmal selbst über das Ziel hinaus schieße. Also soll er sehen, dass er sich ein wenig zusammenreißt und ihr nicht so viele Anlässe gibt, sich aufzuregen. Ganz wohl war mir dabei nicht ...
Spezialistin - 18. Feb, 07:08

...und dennoch war es sicherlich richtig! Öl ins Feuer zu gießen würde keinem in dieser Konstellation helfen...

Herr B. - 18. Feb, 07:12

Das denke ich mir auch, deshalb beiße ich mir schon immer auf die Zunge. Aber irgendwie tut er mir - bei aller Frechheit, die man in der Pubertät an den Tag legt - auch ein bisschen leid.
Belleeer - 18. Feb, 08:08

Klarheit

Du musst ihm ja nicht Öl ins Feuer gießen. Ich würde aber offen sein und ihm Verständnis vermitteln. Sonst denkt er noch seine Wahrnehmung sei falsch und sein Verhältnis zur Wirklichkeit wird verzerrt. Vielleicht ist der Konflikt mit der Mutter friedlicher zu lösen? Andere Lösungsstrategien erarbeiten?

Herr B. - 18. Feb, 08:16

Dieses Verständnis versuche ich ganz vorsichtig mit einzubauen. Es ist aber nicht leicht, denn ich fürchte, es könnte ganz schnell heißen: "Papa sagt auch immer, dass Du so bist ...!" Und gerade das möchte ich vermeiden. Seine Mutter ist ziemlich impulsiv und hat große Probleme damit, andere Meinungen zu akzeptieren, geschweige denn, dies auch nach außen hin zu zeigen. Ich möchte ihm nicht sagen, er soll einfach den Mund halten und auf Durchzug schalten. Jeder Widerstand wird aber sofort mit "scharfen Waffen" geahndet. Einen Mittelweg hab ich damals nicht finden können, daher kann ich ihm auch nichts raten. Und wenn ich mit ihr spreche, höre ich immer nur, er benehme sich unmöglich. Meist eskaliert es dann irgendwann mal ganz gewaltig, woraufhin sich dann beide "Parteien" eine Weile zurücknehmen. Aber dann beginnt der Kreislauf von vorn.
Belleeer - 18. Feb, 09:30

Mund halten und auf Durchzug schalten

ist manchmal nicht das Übelste. Wenn er es denn bewußt einsetzt. Passiver Widerstand ist doch ok. Setze ich auch gerne ein. Abwarten und Tee trinken. Eine Therapie ihrerseits wäre angesagt? Aber die Einsicht fehlt? Kein Leidensdruck? Dürfte sich doch auch in ihrem weiteren Umfeld auswirken?
Herr B. - 18. Feb, 09:40

Die Strategie "Durchzug" habe ich irgendwann auch gefahren, als ich merkte, dass meine Argumente nicht mehr gehört werden. Es mag mir geholfen haben, unserer Beziehung aber auf keinen Fall. Mein Sohn ist jemand, der Gerechtigkeit sehr mag (was ihm auch auf Zeugnissen immer wieder bescheinigt wird) und sich daher schwer tut, den Mund zu halten, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Daher fürchte ich, dass ich ihm das zwar raten kann, es auch schon getan habe, aber damit bei ihm wenig ausrichten kann.
Eine Therapie, oder zumindest ein paar Gespräche mit einer Therapeutin, waren mal angedacht, leider hat sie das aber nicht weiter verfolgt. Jetzt überlegt sie allerdings, mit Hilfe eines Amtes nochmal tätig zu werden, und zwar vorranging fürs Kind. Aber dort wird natürlich, so hoffe ich, auch das Verhältnis zur Mutter beleuchtet und in gewissem Umfang therapiert.
Elisabetta1 - 18. Feb, 09:28

bis der junior die pubertät abgeschlossen hat...

... wird es ein dauerbrenner bleiben! ein vier_augen_gespräch mit der ex, genau dieses thema ansprechend, ihr klarmachend,daß exakt diese probleme *mitschuld* an eurer trennung waren? ja, ich weiß, daß sie es nicht wahrhaben wird wollen, aber steter
tropfen höhlt auch den stein, vielleicht *glaubt* sie es endlich.
die letzten beiden sätze in deinem beitrag sind, mM nach, genau die richtige antwort für den junior um ein bißchen calmierend zu argumentieren.
deine bemühung *objektiv* zu sein, ist nicht einfach, denn du bist auch *partei*, also selbst betroffener und mußt der versuchung widerstehen, dem junior recht zu geben.

Herr B. - 18. Feb, 09:33

... und das fällt manchmal wirklich schwer! Diese Gespräche unter vier Augen - sie haben leider schon früher nichts gebracht. Wenn wir damals unterschiedlicher Meinung waren, habe ich trotzdem vor unserem Sohn den Mund gehalten und sie dann hinterher darauf aufmerksam gemacht. Das hat aber nicht viel genützt, denn eine oft gehörte Antwort war "ich bin eben so!". Das hat letztlich auch bei mir zum Schweigen geführt. Dabei bin ich nicht der einzige, der sie drauf anspricht, es gibt auch andere im Bekanntenkreis, denen das aufgefallen ist. Genützt hat es bisher leider nichts.
alex_blue - 18. Feb, 10:38

Da muß man aber schon deutlich überhöhtes Selbstvertrauen haben, auf Hinweise von verschiedener Seite immernoch zu behaupten: "ich bin eben so".
Natürlich ist sie so, aber ihr sollte doch klar sein, daß das eben nicht unbedingt gut ist so. Und das man/frau immer bereit sein sollte, sinnvoll an sich zu arbeiten. Nicht, sich zu verbiegen bis zur Unkenntlichkeit. Aber negative Wesensmerkmale sollten durchaus Gegenstand einer kritischen Selbstprüfung sein.

Aber klar, eigentlich not your business anymore. Leider durch Deinen Sohn dann doch wieder...
Herr B. - 18. Feb, 10:53

Ja, leider schon. Ein kleines "Aha-Erlebnis" gab es damals, als wir, kurz vor der Trennung, zusammen bei einer Therapeutin waren. Die hat ihr recht deutlich klar gemacht, wo ihre Schwächen liegen und gefragt, warum sie denn so tue, als hätte sie nichts bemerkt haben können. Da kullerten dann ein paar Tränchen. Geändert hat sich seit dem nicht viel. Das ist sicher auch nicht leicht, wenn man keine 25 mehr ist, aber ich habe auch das Bemühen damals und jetzt vermisst.
Wenn ich Deine Adresse habe, schreibe ich privat noch was dazu.
Belleeer - 18. Feb, 11:08

Manchmal

musst Du etwas sagen und manchmal nicht.
Hoffende - 18. Feb, 18:15

Ich denke, dass du genau richtig reagiert hast. Manchmal ist ein Kompromiss das Beste.

Herr B. - 18. Feb, 18:20

Tja, aber vielleicht habe ich in der Vergangenheit zu viele Kompromisse geschlossen und säße dann womöglich gar nicht hier. Ist aber wohl müßig, darüber jetzt noch nachzudenken.
Hoffende - 19. Feb, 13:27

Das stimmt. Und ich habe ja auch gesagt: MANCHMAL! ;o)
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