Gestern fuhr ich am späten Abend mit der S-Bahn auf einer für gewalttätige Übergriffe bekannten Linie (eine der hässlichen Seiten der Großstadt). Ich saß allein in meinem Wagen und konnte durch die großen Scheiben gut in den vorderen Wagen schauen. Ich hatte meine Kopfhörer im Ohr und starrte ohne Ziel einfach geradeaus.
Dann stieg im Wagen vor mir ein etwa 18jähriger "Mann" ein, mit Army-Hose, Kapuzenjacke und Glatze. Er lief mit seinem Fahrrad bis nach hinten, sah mich schließlich und plötzlich verfinsterte sich sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse. Er zeigte mir eindringlich den Stinkefinger, setzte sich dann mit dem Rücken zu mir und der Spuk war vorbei.
Was ging nur in dem Moment im Kopf dieser armseligen Person vor? Fühlte er sich beobachtet, störte ihn meine bloße Anwesenheit (im anderen Wagen!)? Muss ich in Zukunft als erwachsener Mann Angst haben, allein im Dunkeln mit der Bahn zu fahren? Wo sind bei der Jugend die Werte geblieben, die soziale Kompetenz? Und was können wir tun, um daran etwas zu ändern?
Mein Sohn wird in diesem Jahr 11. Ich hoffe, dass es mir gelingt, ihm etwas mehr als Ignoranz, Überheblichkeit und Gewaltbereitschaft beizubringen.
Edit: Passend zum Thema:
Spiegel-Online