6
Okt
2015

Nachdenklich

Vor ein paar Tagen war ich wieder bei meinem Papa zu Besuch. Meist empfängt er mich an der Wohnungstür, wenn nicht, ist das oft ein Zeichen dafür, dass es ihm nicht so gut geht. So auch diesmal - wie ein Häufchen Elend saß er auf der Couch, körperlich kaum in der Lage, mich normal zu begrüßen. Ich wusste, dass er zwei Tage zuvor gefallen war und sich ein paar schmerzhafte Prellungen zugezogen hatte, aber trotzdem war ich erschrocken, als ich ihn da so sitzen sah. In diesem Moment wurde mir wieder einmal klar, dass der Tag kommen wird, an dem er mich nicht mehr begrüßen kann ... Es ist alles so selbstverständlich, mein Leben lang war und ist er da, ging mit mir durch alle Höhen und Tiefen. Auch zwischen uns gab es manche gute und weniger gute Phasen, aber in den letzten Jahren ist unser Verhältnis sehr eng und innig geworden. Nicht vorstellbar, dass dies von einem Moment auf den nächsten vorbei sein könnte.

Seit Jahren hat er mit MS zu kämpfen, dazu kommt ein nicht genau zu bezeichnendes Rückenproblem, das dafür sorgt, dass er ständig Schmerzen hat und das linke Bein nicht gut bewegen kann. Das alles versucht er stets herunter zu spielen, wenn ich zu Besuch bin, aber ich sehe, wie es ihn belastet. In letzter Zeit isst er nun auch schlecht, wodurch er schon 8 kg abgenommen hat. All das führt dazu, dass ich mir Sorgen mache, zumal er auch geistig anfängt abzubauen. Manche Dinge muss ich ihm mehrfach und mit ganz einfachen Worten erklären, damit er Zusammenhänge versteht.

Aber er hat sich noch nicht aufgegeben, das beruhigt mich ein wenig. Ich weiß jedoch nicht, was passiert, wenn der Tag kommt, an dem er nicht mehr Auto fahren kann. Schon jetzt fürchte ich, dass es nicht ganz ungefährlich ist, auch wenn er (hoffentlich) mit seinen 75 Jahren noch besser Auto fährt als läuft. Doch wenn diese Mobilität auch noch wegfällt (und ich hoffe, die Einsicht kommt zeitig genug) ...

Ich hab mir jedenfalls vorgenommen, ihm unbedingt seinen Wunsch zu erfüllen, im nächsten Jahr noch einmal zu uns in die Schweiz zu kommen. Das hat ihm 2014 so viel Freude bereitet! Seitdem ist er großer Fan des Landes, sieht jede Fernsehsendung darüber, kauft Schweizer Käse und würde am liebsten sofort ins Flugzeug steigen! Und er schwärmt noch heute ständig von diesen wenigen Tagen in den Bergen. Nun, das Zimmer ist schon gebucht für den nächsten Juni, zu meinem runden Geburtstag! Ich hoffe, er wird nach dem Sturz wieder fit. Meine Stiefmutter dürfte zwar erneut wenig begeistert sein (sie fürchtet immer noch, wir wollen meinen Vater mit der Mutter meines Schatzes verkuppeln, und weiß daher von der Buchung noch gar nichts!), aber das ist mir egal. Da muss sie durch, oder sie bleibt zu Hause!
schlafmuetze - 13. Okt, 21:55

... solange es einem gut geht ...

Ja, die Zeit kommt unweigerlich ... und sie ist nicht immer einfach ...
für deinen Vater .. einzusehen, dass er geliebte Dinge aufgeben muß, vergisst, nicht mehr kann ...
aber auch für euch .. zuzusehen, wie ein Mensch langsam geht.

Man sollte aus jedem Tag das Beste für sich (und die Lieben) rausholen.
Auch wenn es vielleicht jetzt hier an dieser Stelle doof ist, aber es gibt ein Gedicht von Bertold Brecht, was ich mir ab und zu laut vorlese ... (jeder hat ja irgendwie eine Macke ;-) ):
https://www.youtube.com/watch?v=YcYOtEBJxNg

Ganz liebe Grüße

Herr B. - 14. Okt, 06:05

Danke für den Link, ich werde ihn mir später daheim ansehen!

Ja, Papa macht mir schon etwas Sorgen. Momentan weilen sie zu einer Schnupperwoche in einem Kurhotel, von wo er mich gestern anrief. Er meinte, seit seinem Sturz neulich hätte er das Gefühl, er "sei nicht ganz bei sich", würde Dinge vergessen, fühle sich unsicher. Ich hab ihn eindringlich gebeten, dies unbedingt mit seinem Hausarzt abzuklären. Er sagt zwar, er wäre nicht auf den Kopf gefallen, aber wer weiß ... Dieser häusliche Unfall scheint ihm mehr zugesetzt zu haben, als er vermutet hatte. Trotzdem hofft er noch immer standhaft, bis zum Juni fit zu werden, um dann fliegen zu können. Mir soll es recht sein, wenn er sich alle Mühe gibt, um dieses Ziel zu erreichen, und sich nicht hängen lässt. Und wenn ich auch in vielen Dingen nicht gut auf meine Stiefmutter zu sprechen bin, aber sie ist im Alltag sicher eine große Hilfe für ihn, ohne die er kaum noch zurecht kommen würde.

Sicher, das ist der Lauf der Dinge, aber wenn man es so persönlich zu spüren bekommt, wird man schon sehr ehrfürchtig vor dem Leben ...
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